Instrumentenkunde vor Ort | 13. Apr. 2016
Ausgerüstet mit wetterfester Kleidung und Regenschirm machten sich die Klassen 3b und 4a zusammen mit ihren Lehrerinnen, Christina Klemp und Marlis Merkle, von Unterhausen auf den Weg zur Galluskirche in Honau, um direkt vor Ort Informationen von Orgelbauer Flaig zu bekommen über seine momentane Arbeit an der hiesigen Kirchenorgel. Zunächst wurden die beiden Schulklassen von Gemeindepfarrer Dr. Bauspieß begrüßt. Nachdem sie in den Kirchenbänken Platz genommen hatten, erfuhren sie von ihm, dass eine Orgel etwa alle zwanzig Jahre überholt wird. Dazu werden die Pfeifen ausgebaut und aufwändig gereinigt. Dabei stellt man fest, was an Pfeifen oder der Mechanik beschädigt ist und repariert werden muss. Je nach Aufwand können die Instandsetzungskosten einen vierstelligen Betrag ergeben. In drei Gruppen eingeteilt konnten die Schüler dem Orgelbauer auf der Empore auch Fragen stellen, während sich die anderen im wunderschönen Kirchgarten bei strahlendem Sonnenschein niedergelassen hatten, vesperten und ein Orgelquiz lösten. Die ersten Orgeln gab es in Griechenland schon vor 2000 Jahren, bei uns seit ungefähr 1000 Jahren, erfuhren die Grundschulkinder von Herrn Flaig. Was für uns heutzutage ungewöhnlich ist: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde zu den Stummfilmen im Kino oft Orgelmusik gespielt. In Kinos stand also eine Orgel. Manche Leute kaufen sich für ihre Wohnung eine kleine Orgel; eine solche gehört dem Thomas-Selle-Ensemble, wie sie im Kirchenschiff steht. Auf diesem Instrument vermittelte Jan Drecoll den Schulklassen einen kleinen Höreindruck. Von den geschätzt 800 Pfeifen der Kirchenorgel auf der Empore waren an diesem Tag lediglich die Prospektpfeifen eingebaut, wobei gleich bemerkt wurde, dass eine von ihnen fehlte. In der Woche vor unserem Besuch hatten fleißige Gemeindemitglieder in nur zwei Stunden die Prospektpfeifen poliert, damit die 50 Jahre alte Orgel wieder in neuem Glanz erstrahlt, was die Kinder sofort wahrnahmen. Die übrigen Pfeifen stehen in ihren Halterungen noch auf dem Boden, die meisten aus Zinn, andere aus Holz, in allen Größen und Durchmessern. Die längste Orgelpfeife als Knickbass gebaut, liegt hinter dem Altar und erinnert in ihrem Aussehen zunächst eher an ein Ofenrohr. Orgelbauer Flaig erzählte den Kindern, dass Orgelpfeifen wie Blockflöten funktionieren und an jede Röhre Wind herangeblasen wird. Das gehe über Ventile, die sich öffnen, wenn man die Taste herunterdrücke. Früher erzeugte man den Orgelwind in Blasebälgen, die von Bälgetretern bedient wurden. Diese Aufgabe übernahmen auch Konfirmanden, die aber während des Gottesdienstes manchmal eingeschlafen seien. Wenn dann der Organist in die Tasten und Pedale griff, war leider nichts zu hören. Heutzutage erzeugen den Orgelwind elektrische Motoren, so dass die Töne konstant und beliebig lange klingen, so lange die Taste gedrückt bleibt. Am Ende seiner Ausführungen machte Herr Flaig noch Werbung in eigener Sache: Orgelbauer ist ein interessanter Handwerksberuf, der dringend Nachwuchskräfte sucht. Vielleicht findet einer der Schüler später Interesse an dieser Tätigkeit.
Pünktlich mit dem Elf-Uhr-Läuten machten sich die beiden Schulklassen wieder auf den Heimweg nach Unterhausen und bekundeten ihre Freude über einen informativen Schulvormittag, bei dem sie auch noch viele Frühlingsblumen und eine am Echazufer brütende Ente entdeckten.
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